RNAProNet (gefördert durch das BMBF)
Die genaue Regulation zellulärer Prozesse ist der Schlüssel um hunderte von Proteinen, RNAs und Metabolite in jeder Zelle zu orchestrieren und so eine reibungslose Funktion der Zelle oder des gesamten Organismus zu gewährleisten. In den letzten beiden Jahrzehnten hat sich gezeigt, dass RNA zu den wichtigsten regulatorischen Molekülklassen gehört und mit Proteinen, anderen RNAs, DNA und Metaboliten interagiert und auf diese Weise komplexe, nicht-hierarchische, regulatorische Netzwerke bildet.
Zur Untersuchung der verschiedenen Interaktionen gibt es mittlerweile eine Vielzahl an spezifischen, experimentellen Hochdurchsatzmethoden, die oftmals von speziell angepasster Software begleitet werden. Diese Heterogenität erschwert die Integration aller Interaktionstypen in ein übergreifendes RNA-zentrisches Netzwerk regulatorischer Prozesse.
Ziel dieses Verbundprojekts ist es Algorithmen und Pipelines zu entwickeln, um RNA-basierte Regulation zu analysieren und insbesondere in vorhandene Protein-basierte regulatorische Systeme zu integrieren, um auf diese Weise ein umfassendes Bild regulatorischer Netzwerke mit RNA als zentralem Bestandteil zu ermöglichen.
Unsere Aufgabe in diesem Verbundprojekt besteht in der Entwicklung eines Workflows zur automatisierten Rekonstruktion von Transkriptomen in Pro- und Eukaryonten und in der Implementation von Algorithmen zur Analyse von RNA-RNA-Interaktionsdaten basierend auf Hochdurchsatzsequenzierung.
MeDaMCAn (gefördert durch die DFG im Rahmen des SPP2141 "More than defence: the multiple facets of CRISPR-Cas")
Die Entdeckung eines prokaryotischen, adaptiven Immunsystems, dem CRISPR-Cas-System, hat mittlerweile zu einer Revolution der Gentechnik geführt. Der zugrundeliegende Mechanismus erlaubt das punktgenaue Editieren von Genomen, das Einfügen von genetischem Material an definierten Positionen im Genom, sowie das exakte Deletieren ungewünschter genomischer Bereiche.
Die ursprüngliche Funktion dieser Systeme in Bakterien und Archaeen ist jedoch die Abwehr von eindringender Fremd-DNA, z.B. Viren, und insbesondere die Verleihung von Immunität gegenüber neuen Attacken. Die Spezifität von CRISPR-Cas wird durch sog. CRISPR RNAs (crRNAs) vermittelt, die komplementär zur Fremd-DNA sind. Diese crRNAs befinden sich zusammen mit den Cas-Proteinen in einem Komplex, erkennen die Fremd-DNA woraufhin eine Cas-Endonuklease des Komplexes die Fremd-DNA schneidet und sie dem weiteren Abbau zuführt. Es konnten auch Varianten solcher Systeme charakterisiert werden, die regulatorische Funktionen innerhalb der Zelle übernehmen.
Die eigentliche Herausforderung bei der Analyse von CRISPR-Cas Systemen liegt in der Charakterisierung ihrer Ziele. Da es sich bei CRISPR-Cas um ein Abwehrsystem gegen Fremd-DNA, wie z.B. Viren oder Plasmide, handelt, stehen diese unter einem hohen Selektionsdruck und evolvieren schnell um die Immunität ihrer Wirte zu umgehen. Aus diesem Grund und weil Virengenome in existierenden Sequenzdatenbanken unterrepräsentiert sind, lassen sich die Ziele eines CRISPR-Systems nur selten finden. Genau hier bieten metagenomische Datensätze einen entscheidenden Vorteil, da sie eine Momentaufnahme eines Habitats darstellen, und somit auch Daten über Virus-Wirt-Interaktionen, wie sie bei der CRISPR-Antwort auftreten, enthalten. Darüberhinaus lässt sich basierend auf metagenomische Daten auch eine viel größere Diversität der untersuchten Systeme erreichen.
Bei der Analyse metagenomischer Datensätze kommen üblicherweise Graph-basierte Assemblierungsalgorithmen zum Einsatz, die die Seqeunzierungsdaten in längere genomische Stücke assemblieren. Letztere dienen dann als Grundlage für die weiteren Analysen. Problematisch bei diesem Assemblierungsschritt ist, dass Heuristiken eingesetzt werden, welche zu einem Datenverlust führen.
In dem beantragten Projekt, wollen wir daher Methoden für eine umfassende Analyse von metagenomischen Datensätzen entwickeln, die auf den Assemblierungsschritt verzichten. Ziel ist eine erschöpfende Analyse metagenomischer Datensätze, um für möglichst viele CRISPR-Cas Systeme deren grundlegenden Eigenschaften abzuleiten. Hierbei geht es zum Beispiel um die Frage ob die Abwehr von eindringender DNA die Hauptaufgabe von CRISPR-Cas darstellt, oder ob weitere Funktionen, z.B. Genregulation, häufiger sind als bekannt.
Björn Voß
Prof. Dr. rer. nat.Direktor der Abteilung RNA Biologie & Bioinformatik
[Foto: Björn Voß]